Gleiche Bezahlung, gleiche Chancen, gleiche Voraussetzungen? Zum Internationalen Frauentag an diesem Mittwoch erklären Schülerinnen der St.-Ursula-Schule in einem Artikel der MAINPOST, wer für sie Vorbild ist.
Am 8. März wird der internationale Frauentag gefeiert. Seit über 100 Jahren geht es an diesem Tag um Gleichberechtigung, gerechte Bezahlung von Frauen, um Vereinbarkeit von Familie und Beruf und um Themen wie sexuelle Gewalt, Missbrauch und Übergriffe. Was bedeutet der Weltfrauentag jungen Frauen heute?
An der Würzburger St.-Ursula-Schule haben sich Schülerinnen gerade mit vergessenen Künstlerinnen beschäftigt. Über die Hälfte aller Kunstschaffenden sind Frauen – doch auf dem Kunstmarkt bilden sie noch immer die Minderheit und auch in der Kunstgeschichte würden Frauen oft vergessen, sagt Lehrerin Anne-Rose Volk: „Als Kunstpädagogin liegt mir das Bewusstmachen und Wiederentdecken möglichst vieler vergessener Künstlerinnen sehr am Herzen.“
Hier berichten neun Schülerinnen, welche Frauen für sie Vorbild sind, was sie vom Weltfrauentag halten – und was ihnen selbst wichtig ist.
1. Teresa Rohrer (17): „Männer und Frauen werden immer noch nicht gleich bezahlt“
„Klar, wir in Deutschland denken, dass Frauen und Männer im Jahr 2023 gleichberechtigt sind. Aber: Es gibt auch in Deutschland immer noch Probleme, vor allem im Arbeitsleben. Männer und Frauen werden immer noch nicht gleich bezahlt, selbst wenn sie genau den gleichen Beruf ausüben. Das ist absolut ungerecht. Das muss sich ändern! Daher finde ich es ganz wichtig, den Weltfrauentag zu feiern.
Für mich sind weibliche Vorbilder sehr wichtig. Ich habe zuletzt ein Buch über 100 Künstlerinnen gelesen und dabei ist mir aufgefallen, dass ich kaum eine Künstlerin kannte. Immer noch ist die Zahl der Malerinnen und Bildhauerinnen, die sich einen Platz im männlich dominierten Kunstolymp erobert haben, überschaubar. Dabei bin ich auf die japanische Künstlerin Yayoi Kusama gestoßen, die mit halluzinatorischen Gemälden aus Schleifen und Punkten bekannt wurde. Sie steht für eine feministische Popart. Sie hat mich sehr beeindruckt.“
2. Charlotte Emrich (18): „Das Ziel der Gleichberechtigung ist noch nicht erreicht“
Ich habe mich für meine Seminararbeit mit einer wunderbaren Künstlerin beschäftigt. Hilma af Klint war die erste abstrakte Malerin, noch vor Wassily Kandinsky. Aber im Gegensatz zu ihm kennt man sie heute kaum. Denn: Sie war eine Frau. Ihr Werk wurde zu einer Randnotiz der Kunstgeschichte und erst Jahrzehnte nach ihrem Tod wiederentdeckt. Mich hat fasziniert, dass Hilma af Klint eine der ersten Frauen war, die eine Ausbildung an einer Kunstakademie machen konnten. Sie konnte reisen und die Welt entdecken und sie hat unermüdlich versucht, die abstrakte Kunst in die Gesellschaft zu bringen.“
3. Lara Sahlmüller (18): „Wir brauchen den Weltfrauentag auch im Jahr 2023 noch“
„Wir brauchen den Weltfrauentag auch noch im Jahr 2023. Denn leider sind auch in Deutschland Frauen und Männer nicht gleichberechtigt. Erst heute hab ich wieder von einer Frau gelesen, die vor Gericht klagen muss, weil sie im Job nicht adäquat bezahlt wird wie ihr männlicher Kollege. Der Gender-Pay-Gap muss auf jeden Fall verkleinert und später ganz abgeschafft werden.
Für mich sind weibliche Vorbilder daher sehr wichtig, denn mit ihnen kann ich mich besser identifizieren. Meine persönliche Powerfrau ist gerade unter anderem Georgia O’Keeffe, die wunderschöne großformatige Blumenbilder geschaffen hat. Sie zählt zu den bekanntesten US-amerikanischen Malerinnen des 20. Jahrhunderts. Trotz des Einflusses ihres Mannes, des berühmten Fotografen und Galeristen Alfred Stieglitz, konnte sie sich mit ihrer einzigartigen Kunst behaupten.“
4. Julia Forster (17): „Auch im Sport sind weibliche Vorbilder für mich wichtig“
„Es gibt so viele bemerkenswerte Frauen. Da kann man sich bei vielen etwas abgucken. Ich habe einige weibliche Vorbilder, zum Beispiel aus der Musikbranche oder der Kunst, wo es viele eindrucksvolle Frauen gibt, die dort für die Rechte der Frauen kämpfen.
Auch im Sport sollten Frauen und Männer gleichgestellt sein und gleich bezahlt werden. Ich spiele selbst Fußball und verfolge natürlich die Diskussionen rund um die Bezahlung von Profi-Fußballerinnen in der Bundesliga. Durch meine Seminararbeit ist Käthe Kollwitz ein wichtiges Vorbild für mich geworden. Sie wurde trotz ständiger Benachteiligungen als Frau in der Kunst schließlich zum ersten weiblichen Mitglied und zur Professorin an der Preußischen Akademie der Künste ernannt.“
5. Greta Lang (12): „Jeder Mensch sollte die gleichen Rechte haben“
„Der Weltfrauentag ist wichtig, denn jeder Mensch sollte die gleichen Rechte haben und dazu gehören auch Frauen. Immer noch gibt es in vielen Bereichen der Gesellschaft keine echte Gleichberechtigung, daher brauchen auch wir Mädchen den Weltfrauentag – immer noch. Ich finde Frauen toll, die etwas bewirken, die sich engagieren, die für etwas kämpfen. Weibliche Vorbilder sind für Mädchen sehr wichtig. Mein größtes weibliches Vorbild ist meine Mutter. Sie ist einfach toll und ich bewundere sie für ihre Stärke. Sie kümmert sich um alles bei uns in der Familie, sie behält immer den Durchblick und bekommt wirklich alles unter einen Hut.“
6. Nele Freudenberger (15): „Es wäre schön, wenn Gleichberechtigung überall normal wäre“
„Es ist schade, dass wir überhaupt so einen Tag wie den Weltfrauentag brauchen. Schöner wäre es, wenn Gleichberechtigung überall normal wäre. Es gibt immer noch riesige Probleme, wie das Gender Pay Gap, das zeigt, dass Frauen immer noch weniger verdienen als Männer, auch wenn sie den gleichen Beruf ausüben.
Es gibt Politikerinnen, die ich bewundere, zum Beispiel Angela Merkel. Sie hat sich als erste Bundeskanzlerin in einer absolut Männer dominierten Welt durchgesetzt und sie hat viel erreicht. Aber es gibt auch junge Politikerinnen wie Emilia Fester von Bündnis 90/Die Grünen, die ich bewundere. Sie ist als eine der Jüngsten in den Bundestag eingezogen. Ihr Fachgebiet ist die Kinder- und Jugendpolitik, das finde ich spannend.“
7. Elisa Weigl (18): „Ist die Modebranche der richtige Weg für mich als Frau?“
„Wenn Deutschland eines Tages eine Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt erreichen will, liegt noch viel Arbeit vor uns. Eigentlich würde ich später gerne in der Modebranche arbeiten. Mode und Design interessieren mich. Seit zwei Jahren jobbe ich bereits in einem Modeunternehmen. Doch gerade in dieser Branche haben es Frauen auch heute noch schwer.
Es gibt weibliche Vorbilder in der Mode- und Designszene. Coco Chanel fällt einem da sofort ein, Jil Sander, Vivienne Westwood, Donna Karan und vielleicht noch Stella McCartney, aber dann kommen einem nur noch Männer in den Sinn. Ist die Modebranche der richtige Weg für mich als Frau? Jil Sander fasziniert mich besonders, weil sie viele Sachen als erste Frau gemacht hat. Sie hat mit 24 Jahren ihre eigenen Modeboutiquen gegründet. Solche Vorbilder brauchen wir.“
8. Vivien Bauer (17): „Wir als Gesellschaft haben noch sehr viel zu tun“
„Der Weltfrauentag ist immer noch relevant, wir haben noch sehr viel zu tun. Im Grundgesetz ist die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben. Aber haben wir wirklich Gleichberechtigung, wenn es Branchen gibt, in denen immer noch nur Männer das Sagen haben? Haben wir Gleichberechtigung, wenn Männer immer noch in vielen Jobs mehr verdienen als Frauen und später auch im Alter besser versorgt sind?
Viele Frauen möchten eine Familie gründen und trotzdem bei der Auswahl des Jobs nicht benachteiligt werden. Ich finde viele Frauen inspirierend, zum Beispiel die ehemalige Premierministerin von Neuseeland, Jacinda Ardern. Sie wurde mit 37 Jahren Regierungschefin und bekam während ihrer Amtszeit ein Kind. Doch nun ist sie zurückgetreten.“
9. Marie-Claire Gundermann (17): „Es gibt so viele tolle Frauen – überall auf der Welt“
„Am Weltfrauentag sollte man an Frauen überall auf der Welt denken. Denn nicht überall auf der Welt haben Frauen und Männer die gleichen Rechte. Frauenhandel, Missbrauch oder Zwangsbeschneidung sind immer noch aktuelle Probleme. Mit ungleicher Rollenverteilung habe ich mich gerade intensiv beschäftigt. Vor allem hinsichtlich Künstlerbeziehungen: Lee Krasner war lange Zeit nur als Ehefrau von Jackson Pollock bekannt, dabei ist sie eine richtige Powerfrau und ihre Kunst war wegweisend.
Auch sind speziell Mütter wichtig für uns Mädchen. Als Kind wollte ich immer wie meine Mama sein. Ich glaube so ging es sehr vielen Mädchen. Es gibt so viele tolle Frauen. Überall auf der Welt. Deshalb sollte man ihnen nicht nur am Weltfrauentag Aufmerksamkeit schenken.“
Claudia Kneifel, MAINPOST